Deutsche Veranstaltungswirtschaft kollabiert – Zweite Großdemonstration am 28. Oktober in Berlin

Natürlich unterstützen wir auch das Bündnis #AlarmstufeRot – so veröffentlichen wir hier gerne die folgende Pressemitteilung:

  • Veranstaltungsbranche am stärksten von der Krise betroffen
  • Viele Unternehmen und Erwerbstätige stehen vor dem Aus
  • Überbrückungshilfen bleiben wirkungslos
  • Zweite Großdemo am 28. Oktober 2020

Frankfurt, 1. Okt. 2020. Die deutsche Veranstaltungswirtschaft ist der von den Corona-Schutzmaßnahmen am stärksten betroffene Wirtschaftszweig. Seit Anfang März sind Veranstaltungen weitgehend verboten. Die Unternehmen erzielen seitdem keine Einnahmen.
Eine Perspektive, wann es weitergehen kann, ist nicht in Sicht. Viele Betriebe sind mittlerweile insolvent. Nur die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht erlaubt es der vergessenen Branche, noch auf ein Wunder zu warten. Trotz Verlängerung der Überbrückungshilfe sehen die Veranstalter kein Licht am Ende des Tunnels.

Zum 28. Oktober 2020 ruft die deutsche Veranstaltungswirtschaft erneut zur Großdemonstration nach Berlin auf, um auf ihre immer dramatischere Lage aufmerksam zu machen. Dies unter Federführung der Initiative #AlarmstufeRot und der Fachverbände FAMAB Kommunikationsverband, Berufsverband Discjockey (BVD), Verband für Medien- und Veranstaltungstechnik (VPLT), Europäischer Verband der Veranstaltungscentren (EVVC), Interessengemeinschaft der selbständigen Dienstleisterinnen und Dienstleister in der Veranstaltungswirtschaft (ISDV)
sowie Bundesverband der Konzert- und Veranstaltungswirtschaft (BDKV).
Seit März 2020 wird dem sechstgrößten Wirtschaftszweig Deutschlands angesichts der Pandemielage jede Arbeitsgrundlage entzogen. Zahlreiche Betriebe sind seitdem untergegangen, zehntausende Arbeitsplätze wurden vernichtet. Die Unternehmen und Beschäftigten der Veranstaltungswirtschaft protestieren nicht gegen die Corona-Schutzmaßnahmen, sondern verlangen von der Bundesregierung wirtschaftliche Hilfen, um die Zeit der notwendigen Maßnahmen wirtschaftlich überleben zu können. Die Veranstaltungsbranche erbringt durch das faktische Berufsverbot ein einmaliges Sonderopfer zum Schutze der gesamten Bevölkerung.

Der dritte verzweifelte Hilferuf

Bereits am 9. September 2020 gingen 15.000 Menschen in einem knapp vier Kilometer langen Demonstrationszug in Berlin auf die Straße und forderten die dringend benötigten Überlebenshilfen ein. Begleitet wurde dieser von einem parallel durchgeführten LKW-Corso von über sechs Kilometern Länge, der sich aus mehr als 500 Fahrzeugen der Unternehmensfuhrparks formiert hatte.
Wie von Deutschlands Veranstaltungsprofis zu erwarten, war die Großdemonstration ein infektionssicheres Event, bei dem sämtliche Hygiene- und Abstandsregeln uneingeschränkt eingehalten wurden. Schon vor der Großdemonstration in der Bundeshauptstadt hat die Branche mit der „Night of Light“ am 22. Juni 2020 einen Hilferuf und einen flammenden Appell zur Rettung der Veranstaltungswirtschaft abgesetzt. Hierbei wurden deutschlandweit über 9.000 Veranstaltungslocations und -betriebe feuerrot beleuchtet, um auf die bedrohliche Notlage der Branche aufmerksam machten. Das aus dieser Aktion hervorgegangene Bündnis #AlarmstufeRot hat mittlerweile weltweite Strahlkraft entfaltet und sich zu einer internationalen Bewegung entwickelt. Ob als „Alert Rouge“ in Frankreich, als „Alerta Roja“ in Spanien und Lateinamerika, als „LightSAred“ in Südafrika bis hin zur weltweiten Aktion „WeMakeEvents“ aus Großbritannien und den USA. Ausgehend von Deutschland hat sich seit der
„Night of Light“ das globale Veranstaltungswesen sich hinter einem Symbol vereint: Es herrscht #AlarmstufeRot!

Regierung ignoriert trotz Rettungsdialog Sonderopferrolle der Branche

Zwar ist nun mit einer ersten Sitzung der geforderte Rettungsdialog zwischen Bundesregierung und Veranstaltungswirtschaft angelaufen. An
diesem Gesprächsformat sind auf Regierungsseite das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, das Bundesministerium für Arbeit und Soziales, das Bundesministerium der Finanzen, das Bundesgesundheitsministerium sowie die Staatsministerin für Kultur sowie für die Veranstaltungswirtschaft das Aktionsbündnis #AlarmstufeRot, Unternehmensvertreter und die führenden Branchenverbände beteiligt. Leider ignoriert die Bundesregierung weiterhin, dass die Veranstaltungswirtschaft für die Erbringung des Sonderopfers ein auf ihre Bedürfnisse zugeschnittenes, individuelles Rettungskonzept benötigt.

Phase-II-Überbrückungsprogramm geht völlig am Bedarf der Unternehmen vorbei

Das Phase-II-Überbrückungsprogramm ist nun da. Doch es funktioniert schlichtweg nicht. Aus dem 24,6 Mrd. Euro schweren Rettungsprogramm zur Unterstützung von kleinen und mittelständischen Unternehmen kommen keine oder nur völlig unzureichende Hilfsmittel an bei den
Menschen und Betrieben, die besonders schwer von der COVID-19-Krise getroffenen sind. Die Gründe hierfür sind vielschichtig:

  1. Die Hilfen sind auf 50.000 Euro pro Monat und Betrieb gedeckelt. Diese Summe liegt für viele Branchenakteure weit unter den Verlusten, die sie seit März monatlich erleiden.
  2. Es werden nicht alle anfallenden Kosten als förderfähig anerkannt.
  3. Betriebe über 249 Mitarbeiter fallen komplett aus der Förderung heraus. Die Branche insgesamt ist jedoch geprägt von klein- und mittelständischen Unternehmen. Sie haben auch keine Konzernstrukturen, die für andere Hilfsprogramme qualifizieren würde. Selbst die größten Betriebe in der deutschen Veranstaltungswirtschaft beschäftigen kaum mehr als 1.000 Mitarbeiter. Dennoch zählen sie in ihrer Kategorie zur absoluten Weltspitze, statten weltweit Großveranstaltungen mit globaler Strahlkraft aus, wie z.B. Olympische Spiele, UN-Klimagipfel, EU-Konferenzen.
  4. Der Unternehmer-Eigenleistungsersatz für Soloselbstständige, Einzelunternehmer und Inhaber von Gewerbebetrieben ist nicht in den Hilfsprogrammen enthalten. Dies zwingt vormals erfolgreiche, produktive und steuerzahlende Unternehmer massiv in die sozialen Sicherungssysteme wie SGB 2 bzw. Hartz 4.
  5. Der EU-Beihilferahmen ist nicht gelockert. Die aktuelle Förderhöchstgrenze von 800.000 Euro pro Unternehmen im Zeitraum von drei Jahren führt dazu, dass die dringend benötigten Mittel nicht fließen.
  6. KfW-Kredite werden als Subvention angerechnet. Es wirkt sich krisenverschärfend aus, dass Unternehmen bestraft werden, die KfW-Kredite mit einer Laufzeit von mehr als sechs Jahren in Anspruch genommen haben, um sich langfristig mit dringend nötiger Liquidität zu versorgen. Denn die volle Kreditsumme wird als Subvention im Sinne des EU-Beihilferahmens gewertet.

Vielfältiger Wirtschaftszweig

In einem Land ohne Veranstaltungsmacher droht der Totalschaden für das Gesellschaftsleben
Die Veranstaltungsbranche ist vielfältig und für alle Wirtschaftsbereiche tätig. Als Veranstalter und Ausstatter organisieren sie Wirtschaftsveranstaltungen, sind Dienstleister für Konzerte und Tourneen und damit Motor für den Geschäfts- und Kulturbetrieb. Tätig sind Soloselbständige, kleine und mittlere Unternehmen sowie Betriebe mit größerem Mitarbeiterstab.
Einem Land ohne Veranstaltungsmacher wird die gemeinschaftliche Basis für sein Gesellschaftsleben entzogen. Unsere gesamte kulturelle Vielfalt steht auf dem Spiel. Mit einer zweiten Großdemonstration am 28. Oktober 2020 wird der Druck auf die Bundesregierung weiter erhöht.
Am 9. September machte sich bereits der wohl erfolgreichste deutsche Musiker, Herbert Grönemeyer, auf der Kundgebung für die Menschen
seiner Branche stark. An der nächsten Kundgebung werden seinem Beispiel viele nationale Künstler folgen. Sollte die Regierung glauben, dass sie die gravierenden Probleme des sechstgrößten Wirtschaftszweigs loswird, indem sie einfach dessen Tod abwartet, so ist dies eine kolossale Fehleinschätzung. Spätestens die Insolvenzverwalter der untergegangenen Unternehmen werden den Bund wirksam auf Schadensersatz verklagen. Grundlage hierfür ist das vorliegende Rechtsgutachten von Prof. Dr. Faroud Shirvani, Inhaber des Lehrstuhls für öffentliches Recht zu Bonn.

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